Prüfe also eingehend die Absichten deines Erwählten. Ob er auf Vorteil hoffen sollte, den er aus deiner Freundschaft ziehen will, und meine, sie sei käuflich und nicht umsonst. Verständlich, wenn die Freundschaften der Armen fester sind, als die der Reichen. Armut lässt nicht auf Gewinn hoffen (Sankt Ambrosius).
"Therefore, examine carefully the intentions of your chosen one. Whether he should hope for an advantage that he wants to draw from your friendship, and thinks it is for sale and not for free. It is understandable when the friendships of the poor are firmer than those of the rich. Poverty does not allow for hope of profit." (Saint Ambrose)
Die Zeit, die Jugend, in beidem fehlte die Reife. Damals war sie ungestüm, wollte das Leben kennen lernen und konnte sich nicht vorstellen, dass es etwas böseres gab, als die Geschichten in den Büchern. Die Geschichte der Großen. Sie war eine Kleine, wuchs auf in einem kleinen Ort, hatte eine kleine Familie um sich und kleine Ereignisse waren dort von größter Bedeutung. Das eigentlich größere kannte sie nur aus den Geschichten. Auch sie wurde größer. Ihr Geist wuchs und es war an der Zeit, sich aufzumachen in die Welt. Gut, dass einen jungen Mann aus dem selben Grund in ihren kleinen Ort verschlug. Freilich kam dieser junge Mann von weit her. Er hatte auf seiner Suche nach größerem schon viele Orte gesehen, hatte Liebe gewonnen und wieder verloren, Freundschaften hielten und vergingen. Dass er nur unsicher ihre Sprache verstand, tat nichts zur Sache. Ihr unbedarfter Geist lernte schnell und so unterhielten sie sich in beiden Idiomen, mehr schlecht, als recht. Er erzählte ihr Geschichten, die nicht in Büchern standen. Er erzählte von seiner Heimat, sprach von seinen Träumen, erklärte ihr seine Pläne. Sie sog alles in sich auf. Man könnte meinen, er würde ihr irgendwann überdrüssig, aber nein, ihr Seelenhunger, ihr Wissensdurst wuchsen in dem Maße, wie beides gestillt wurde. So saßen sie immer nachmittags oder abends auf einem kleinen, grob zusammengezimmerten Holzsteg am Ufer eines kleinen Baches, der unweit ihres Ortes dahinfloss. Leise, und doch tief in ihr Ohr dringend, mahnte stündlich eine kleine Kirchturmglocke zur Tugend und so unterhielten sie sich nur. Wohin floss das Wasser? In seiner Familie gab es auch einen Fluss, nein, er berichtigte sich sofort, es gab eine Meerenge, die hundertfach breiter war, als dieser kleine Bach. An diesem Wasser hatte er in seiner Kindheit ebenso gesessen, wie sie beide gerade hier saßen und die Weite der Sterne beglückten. Er erzählte von den Hügeln, wo er wohnt. Seit tausend Zeiten ummantelten sie diese Meerenge, die nach seinem Empfinden, die Quelle der Sintflut war. Seine große Heimatstadt verband Kontinente, während aus dem kleinen Ort ihre Geburt, nicht einmal eine befestigte Straße, zur nächsten großen Stadt führte. Wenig später wirbelte der letzte Sommerwind den Staub des Weges auf und kratzte in ihren Hälsen, als sie sich aufmachten. Für sie war diese Stadt das Tor zur Welt. Sie nahm seine Hand. Ihre Eltern verschlossen vor Gram ihre Tür. Nie, nie würden sie ihr verzeihen, dass sie mit einem Fremden in die Fremde ging, zu einem fremden Gott.
Time, youth, both lacked maturity. Back then, you were impetuous, wanted to experience life, and couldn't imagine anything worse than the stories in books, the history of the great. You were a small one, grew up in a small town, had a small family around you, and small events were of utmost importance there. The actually bigger things you only knew from stories. You too grew bigger. Your spirit grew, and it was time to set off into the world. It was good that a young man was brought to your small town for the same reason. Of course, this young man came from far away. In his search for something bigger, he had already seen many places, had won and lost love, friendships had lasted and passed. The fact that he only understood your language uncertainly didn't matter. Your innocent spirit learned quickly, and so you conversed in both idioms, more badly than well. He told you stories that weren't in books. He talked about his homeland, spoke of his dreams, explained his plans to you. You absorbed everything. One might think you would eventually get tired of him, but no, your soul's hunger, your thirst for knowledge grew to the extent that both were satisfied. So you always sat in the afternoons or evenings on a small, roughly built wooden pier on the bank of a small stream that flowed not far from your town. Quietly, and yet urgently deep into your ear, a small church tower bell hourly admonished virtue, and so you only talked. Where did the water flow? There was also a river in his family, no, he immediately corrected himself, there was a strait that was a hundred times wider than this small stream. He had sat by this water in his childhood just as you both sat here now and were delighted by the vastness of the stars. He told of the hills where he lived. For a thousand ages, they had enveloped this strait, which, in his opinion, was the source of the Flood. His large hometown connected continents, while from your small town of birth, not even a paved road led to the next big city. A little later, the last summer wind whirled up the dust of the path and scratched in your throats as you set off. For you, this city was the gateway to the world. You took his hand. Your parents locked their door in grief. Never, never would they forgive you for going into the unknown with a stranger, to a foreign god.
Er hatte sie nicht belogen. Die Stadt war wunderschön. Sie hat auf ihrem Weg hierher so vieles zum ersten Mal gesehen, doch diese Stadt stellte alles in den Schatten. Es gab nichts, was sie an ihre Heimat erinnerte. Auf dem Markt sah sie anderes Gemüse, anderes Obst, Dinge, die sie nur aus Geschichten kannte. Die Häuser waren alt, manche viel älter, als der Stammbaum ihrer Familie. Hier gab es Häuser, die um ein Vielfaches größer waren, als die Kirche ihrer Kindheit. Sie sah Leute, die ihre Füße wuschen, um zu beten. Am Ufer der Meerenge standen Fischer an Fischer und angelten über Kilometer hin weg kleine Fische. Manche tranken Tee, luden sie ein auf ein Gespräch, wenn sie im Vorbeigehen Petri Heil wünschte. Die Geschichten der Großen, nun war sie eine von ihnen, eine Große. Erst später fand sie die feinen Nuancen der Sprache heraus. Erst später bemerkte sie die Frivolität der Fischer, die aus ihrem Segen andere Andeutungen hören wollten. Erst später fand sie heraus, dass nicht sie sich alles anschaute, sondern, dass sie von allem angeschaut wurde.
He hadn't lied to you. The city was beautiful. You had seen so many things for the first time on your way here, but this city overshadowed everything. There was nothing that reminded you of your home. At the market, you saw different vegetables, different fruits, things you only knew from stories. The houses were old, some much older than your family tree. There were houses here that were many times larger than the church of your childhood. You saw people washing their feet to pray. On the banks of the strait, fishermen stood side by side, angling for small fish for kilometers. Some drank tea, invited you to a conversation when you wished them good luck in passing. The stories of the great, now you were one of them, a great one. Only later did you find out the fine nuances of the language. Only later did you notice the frivolity of the fishermen who wanted to hear other hints from your blessing. Only later did you find out that it wasn't you looking at everything, but that you were being looked at by everything.
Er bekam eine Arbeit und unterhielt beider Leben. Nur abends fanden sie Zeit füreinander, aber auch dann gab es viel zu tun. Ihre gelernten Worte reichten hier nicht aus. Hier ging alles viel schneller, war alles verwirrender. Sie musste mit allen Sinnen gleichsam wachen, aber sie war zu langsam, das meiste verstand sie nicht. Hier hatte alles eine Bedeutung: Gerüche, Hupen, Geräusche, Pfiffe, Rempler, Flüche, Gewalt, Menschenmassen, die Tiere vor sich her trieben, tote Schafsköpfe starrten aus toten Augen und grinsten sich in ihre Träume. Zu ihrem Schutz gebot er ihr, nicht allein aus dem Haus zu gehen. Erst spät abends gingen sie nun zusammen auf den Markt und trafen sich mit seinen Freunden und sprachen seine Sprache. Nur noch manchmal war sie glücklich. Wenn die Sonne hinter den Hügeln verschwand und alles in feuriges Rot tauchte, standen sie oft an der Balustrade ihrer Terrasse und schauten auf das Meer hinaus. Er hatte ihr noch etwas anderes beigebracht. Etwas gutes, etwas, das sie hin und wieder glücklich machte.
He got a job and supported both of your lives. Only in the evenings did you find time for each other, but even then there was a lot to do. The words you had learned weren't enough here. Here everything went much faster, was much more confusing. You had to be awake with all your senses at the same time, but you were too slow, you didn't understand most of it. Here everything had a meaning: smells, horns, noises, whistles, jostling, curses, violence, crowds of people driving animals in front of them, dead sheep heads stared from dead eyes and grinned into your dreams. For your protection, he forbade you to leave the house alone. Only late in the evening did you now go to the market together and meet his friends and speak his language. Only sometimes were you happy. When the sun disappeared behind the hills and everything was bathed in fiery red, you often stood on the balustrade of your terrace and looked out at the sea. He had taught you something else. Something good, something that made you happy every now and then.
Sie vergaß ihre Heimat nicht. In zahlreichen Briefen an ihr Elternhaus beschrieb sie ihre Erfahrungen, ihre Beobachtungen, auch ihr Glück und ihr Unglück und hoffte. Wenn er sie sah, war er oftmals verstimmt, nicht böse, doch so hilflos. Hilflos beobachtete er ihr Dahinvegetieren, ihr Leben in dir zu großen Stadt der Fremde. Daran änderten auch die schönen Stunden auf der Terrasse nichts. Immer öfter blieb er ihrer gemeinsamen Wohnung fern um sich mit Freunden über beider Schicksale zu beraten. Sie blieb immer öfter allein. In ihrem Gemüt zerfloss der kleine Bach ihres Ortes in Tränen und überschwemmte die Felder, wusch den Staub vom Weg zur Stadt. Einen längst geschmolzenen Schneemann zierte die Möhre ihres Hasen, den sie als Kind geschenkt bekam und nachts, wenn Mond und Venus sich gegenüberstanden, trat er in ihre Gedankenwelt und berechnete ihr die Entfernung zwischen Kindheit und Gegenwart. An dem einen, ihr heiligen, Abend, kam er erst wieder spät nach Hause. Ihre Tränen machen ihnen wütend, wütend vor Kummer. Er bemühte sich sie zu trösten. Hier war sein Land und er musste hier für sie auch an diesem Tag arbeiten. Doch sie starrte auf das Meer hinaus und suchte nach Lichtern und leise summte sie ein Lied über diese stille Nacht.
You didn't forget your home. In numerous letters to your parents' house, you described your experiences, your observations, also your happiness and your unhappiness, and hoped. When he saw you, he was often upset, not angry, but so helpless. Helplessly he watched your vegetating, your life in the too big city of strangers. The beautiful hours on the terrace didn't change that either. More and more often he stayed away from your shared apartment to consult with friends about both of your fates. You were left alone more and more often. In your mind, the small stream of your town dissolved into tears and flooded the fields, washed the dust from the path to the city. A long-melted snowman was adorned with the carrot of your rabbit, which you had been given as a child, and at night, when the moon and Venus faced each other, it stepped into your world of thoughts and calculated the distance between childhood and the present. On that one, your holy, evening, he didn't come home until late again. Your tears made him angry, angry with grief. He tried to comfort you. This was his country, and he had to work here for you even on this day. But you stared out at the sea, looking for lights, and softly hummed a song about this silent night.
Am nächsten Abend lag ein Kleid auf dem Bett. Ein ungestüm geschenkter Ring versprach das Ende ihrer Einsamkeit. Seine Sprache war ihr zwar immer noch nicht so geläufig, doch verstand sie, was er ihr sagen wollte. Nur eine Stimme in ihrer Sprache flüsterte ihr die kleine Geschichte ihres Lebens in die Seele und malte in immer kräftigeren Farben das Bild ihrer Heimat, bis sie sie wieder sah, allein.
The next evening, a dress lay on the bed. An impetuously given ring promised the end of your loneliness. His language was still not so familiar to you, but you understood what he wanted to tell you. Only a voice in your language whispered the little story of your life into your soul and painted the picture of your home in ever stronger colours, until you saw it again, alone.
Gewiss, ich werde traurig sein, wenn du gehst. Es wird Stille sein. Ich werde dich am Horizont kleiner werden sehen, bis dich die untergehende Sonne wegleuchtet, und ohne die Nacht zu brauchen, wieder aufgeht. Die Stille wird sich mit Leben füllen, das mal wieder anders ist und ich werde dankbar sein, dass es dich gab.
Certainly, I will be sad when you leave. It will be quiet. I will see you grow smaller on the horizon until the setting sun dims you out, and rises again without needing the night. The silence will fill with life that is different again, and I will be grateful that you were there.
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