Reinhard Mey - Epitaph Auf Balthasar - Live Lyrics

Lyrics Epitaph Auf Balthasar - Live - Reinhard Mey




Wirrköpfe, Gammler, Pflastermaler
Fragt mich nicht mehr nach Balthasar
Dem Saufkumpan und Zechenzahler
Der von uns ging vor einem Jahr!
Er ward in diese Welt geboren
War wie kein and'rer drin verkommen
Für alle Zeit ist er nun verloren
Er hat ein schlechtes Ende genommen
Er hat sozialen Rang erklommen!
Freunde, Zecherschar
Betet mit mir, betet mit mir
Betet mit mir für Balthasar!
Vor einem Jahr war es genau
Da sagte Balthasar zu mir
"Der Martinstag schlägt jeder Sau
Nur mir nicht, garantier' ich dir!"
Wer wollte damals daran glauben
Daß ihn Standesdämonen ritten
Daß Wohlstand und high life ihn rauben
Und reißen aus der Freunde Mitten!
Sagt mir, laßt Euch nicht länger bitten
Wißt ihr noch vom vor'gen Jahr?
War es nicht schön, war es nicht schön
War es nicht schön mit Balthasar?
Er prellte Steuern und den Zoll
Und nie hat ihm sein Geld gereicht
Kein Glas war ihm jemals zu voll
Und keine Arbeit je zu leicht
Kein Hemd war schwärzer als das seine
Und keine Hose meht in Lumpen
Kein Auge röter, und ich meine
So wie er konnte keiner pumpen
Schad' ist's um den ich meine
Um den der unser Vorbild war
Weinet mit mir, weinet mit mir
Weinet mit mir um Balthasar!
Dann geschah das Schicksalsschwere
Daß ich aus Pfandleihers Munde
Hört' von Balthasars Karriere
"Ja", sprach der, "mein bester Kunde
Ist vorhin bei mir gewesen
Frisch gewaschen und mit Kragen
Seine gold'ne Uhr auslösen
Die bei mir seit Jahr und Tagen
Ein- und ausging sozusagen
Er zahlte alles, und in bar!
Empfehl'n Sie mich, empfehl'n Sie mich
Empfehl'n Sie mich, Herr Baltasar!"
Später las ich dann in der Bild-Zeitung
In die ich mein Frühstück pack
"Balthasar, Damenbekleidung
Neueröffnung Donnerstag."
So heiratete Bacchus' Sohn
Der Freiheit über alles liebte
Sich in die Damenkonfektion
Welch Leben er dadurch versiebte
Spürt schmerzlich jeder, der ihn liebte!
Der schlampig wie kein anderer war
Ist jetzt der Bürger, ist jetzt der Bürger
Ist jetzt der Bürger Balthasar
Jetzt macht er Männchen vor seiner Frau
Damit er an die Kasse darf
Ist geizig, engherzig, genau
Der's Geld einst aus dem Fenster warf
Wie teuer mußte er bezahlen
Daß ihm ihre Schätze winken
Er darf mit ihren Piepen prahlen
Doch er schwor dafür, niemals mehr zu trinken!
Kann ein Mensch noch tiefer sinken?
Am End' gefällt ihm das sogar
Dem reichgeword'nen, dem reichgewordenen
Dem reichgeword'nen Balthasar
Wirrköpfe, Gammler, Pflastermaler
Wischt euch die Tränen vom Gesicht
Den Ehrenmann und Steuerzahler
Den rühren uns're Tränen nicht
Laßt uns nicht länger Worte stammeln
Nicht ohne Zeit, nein, vor allen Dingen
Laßt uns für eine Flasche sammeln!
Die will ich ihm dann heimlich bringen
Daraus soll'n ihm die Englein singen
Von dem, der unser Vorbild war
Der liederliche, der stets betrunkene
Der unvergeßne Balthasar!




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