Paroles et traduction Reinhard Mey - Der Unendliche Tango Der Deutschen Rechtschreibung

Der Unendliche Tango Der Deutschen Rechtschreibung

Hab' ein altes Heft gefunden
Mit krak'liger Kinderschrift
Abgewetzt, vergilbt, geschunden
Und ein böser, roter Stift

Metzelt in den Höhenflügen
Meiner armen Niederschrift
Mit sadistischem Vergnügen
Und verspritzt sein Schlangengift

Und ich spüre, jeder rote
Strich am Rand trifft wie ein Pfeil
Die Zensur ist keine Note
Die Zensur ist wie ein Beil

Ich spür's, als ob's heute wäre
Und ich blick' zurück im Zorn
Sträfling auf einer Galeere
Und der Einpeitscher steht vorn

"Nach L N R, das merke ja
Stehn nie T Z und nie C K!
Bildest die Mehrzahl du vom Wort
Dann hörst die Endung du sofort!

Nimm die Regel mit ins Bett
Nach Doppellaut kommt nie T Z!
Und merke: Trenne nie S T,
Denn es tut den beiden weh!"

Ich war kein schlechter Erzähler
Aber es war wie verhext
Wo ich schrieb, da waren Fehler
Und wo nicht, hab' ich gekleckst

Nachhilfe und guter Wille
Blieben fruchtlos, ist doch klar
Weil ich meist wegen Sybille
Gar nicht bei der Sache war

Wenn ich Schularbeiten machte
Dacht' ich immer nur an sie
Immer, wenn ich an sie dachte
Litt meine Orthographie

Und so hab' ich mit ihr eben
Lieber probiert, als studiert
Mich interessiert das Leben
Und nicht, wie man's buchstabiert!

"Nach L N R, das merke ja
Stehn nie T Z und nie C K!
Bildest die Mehrzahl du vom Wort
Dann hörst die Endung du sofort!

Nimm die Regel mit ins Bett
Nach Doppellaut kommt nie T Z!
Und merke: Trenne nie S T
Denn es tut den beiden weh!"

Kreide kreischt über die Tafel,
Mir sträubt sich das Nackenhaar.
"Setzen, Schluss mit dem Geschwafel!"
Es ist wieder wie es war

Und da sitze ich und leide
Geduckt an dem kleinen Tisch
Rieche Bohnerwachs und Kreide
Welch ein teuflisches Gemisch!

Und dann kommt meine Abreibung!
Und ich werde Anarchist
Der begreift, dass die Rechtschreibung
Die Wissenschaft der Esel ist

Ein Freigeist, ein großer Denker
Ein Erfinder, ein Poet
Ein zukünft'ger Weltenlenker
Beugt sich nicht dem Alphabet!

"Nach L N R, das merke ja
Stehn nie T Z und nie C K!
Bildest die Mehrzahl du vom Wort
Dann hörst die Endung du sofort!

Nimm die Regel mit ins Bett
Nach Doppellaut kommt nie T Z!
Und merke: Trenne nie S T
Denn es tut den beiden weh!"

Ich schreib' heute noch wie Django!
Schreib' ohne Bevormundung
Trotze dem endlosen Tango
Der deutschen Rechtschreibung

Ich hab' nur Glück, dass ich heut' singe
Und somit ungelesen bleib'
Ihr wisst von mir 1.000 Dinge
Aber nicht, wie ich sie schreib'!

"Nach L N R, das merke ja
Stehn nie T Z und nie C K!
Bildest die Mehrzahl du vom Wort
Dann hörst die Endung du sofort!

Nimm die Regel mit ins Bett
Nach Doppellaut kommt nie T Z!
Und merke: Trenne nie S T
Denn es tut den beiden weh!"

The Neverending Tango of German Spelling

Found an old notebook of mine
With childish scrawl so tight
Worn, yellowed, it did pine
And a red pen, cruel and bright

Slaughters the soaring flight
Of my poor handwriting’s plight
With sadistic, evil might
Spreading venom, day and night

And I feel, each stroke of red
On the margin, like an arrow’s sting
Grading isn’t just a thread
Grading cuts, a dreadful thing

I feel it as if it were today
And I look back in burning scorn
A convict on a galley, they say
With the whip-master at the morn

"After L N R, remember dear
Never T Z, and never C K!
Forming plurals, lend an ear
Listen to the ending, don't you speak!"

Take the rule to bed with you
After double vowels, no T Z in sight!
And remember: Never split S T,
For it brings them both such fright!"

I wasn't a storyteller so bad
But it was as if by hex
Where I wrote, mistakes I had
And where not, I made a mess

Tutoring and good will's endeavor
Remained fruitless, it is clear
Because of Sybille, I'd never
Focus on the task, my dear

When I did my schoolwork, you see
I only thought of her, it's true
Always, when I thought of she
My spelling suffered, through and through

And so with her, I'd rather
Experiment, than hit the books
Life interests me, it does matter
Not how it's spelled, or how it looks!

"After L N R, remember dear
Never T Z, and never C K!
Forming plurals, lend an ear
Listen to the ending, don't you speak!"

Take the rule to bed with you
After double vowels, no T Z in sight!
And remember: Never split S T
For it brings them both such fright!"

Chalk screeches on the blackboard's face,
The hair on my neck does rise.
"Sit down, end this idle chase!"
It's back to how it always lies

And there I sit and suffer still
Hunched at the small desk, feeling low
I smell bean wax and chalk, until
A devilish mixture starts to grow!

And then comes my thrashing, it's true!
And I become an anarchist
Who understands that spelling, boo
Is the science of the dunce, I insist

A free spirit, a thinker so grand
An inventor, a poet of might
A future world leader, understand
Does not bow to the alphabet's light!

"After L N R, remember dear
Never T Z, and never C K!
Forming plurals, lend an ear
Listen to the ending, don't you speak!"

Take the rule to bed with you
After double vowels, no T Z in sight!
And remember: Never split S T
For it brings them both such fright!"

I still write like Django, it's true!
Writing without being told
I defy the endless queue
Of German spelling, brave and bold

I'm just lucky that today I sing
And thus remain unread, it appears
You know 1,000 things I bring
But not how I write them, my dears!

"After L N R, remember dear
Never T Z, and never C K!
Forming plurals, lend an ear
Listen to the ending, don't you speak!"

Take the rule to bed with you
After double vowels, no T Z in sight!
And remember: Never split S T
For it brings them both such fright!"