Paroles et traduction Reinhard Mey - Ich glaube nicht

Ich glaube nicht

Hin und wieder geißl' ich mich und geh' hart mit mir ins Gericht
Und befrag' mich hochnotpeinlich, ob ich glaube oder nicht
Nur ein bißchen Folter und schon erpress' ich mir den Beweis
Dass ich erstens gar nichts glaube und zweitens gar nichts weiß
Ich glaub' nur, dass wenn es ihn tatsächlich geben sollte
Er, was hier in seinem Namen abgeht, gar nicht wollte
Erstmal glaub' ich, dass die Weihwasserbeckenfrösche ihn stören
Und die viel zu großen Häuser, die angeblich ihm gehören
Glaubt ihr denn, er ist auf Lakaien und Grundbesitz erpicht?
Ja-Sager und Immobilien?
Ich glaube nicht

Ich glaub' nicht, wenn es ihn wirklich gibt, dass er's überaus liebt
Dass sich jemand hartnäckig als sein Stellvertreter ausgibt
Und sich für unfehlbar hält. Ich glaub nicht, dass es ihm gefällt
Dass man ihm krause Ansichten als 'sein Wille' unterstellt
Ich verwette mein Gesäß: Brimborium und Geplänkel
Mummenschanz und Rumgeprotze gehn ihm auf den Senkel
Dieses Ringeküssen, diese selbstgefäll'gen Frömmigkeiten
Dies in seinem Namen Eselei'n und Torheiten verbreiten
Glaubt ihr, dass er will, dass irgendwer an seiner Stelle spricht?
Irgend so ein kleines Licht?
Ich glaube nicht

Ich glaub' nicht, dass er in seiner Weisheit, seinem ew'gen Rat
Sowas Abartiges ausgeheckt hat wie den Zöllibat
Denn sonst hätt' er sich zum Arterhalt was andres ausgedacht
Und uns nicht so fabelhafte Vorrichtungen angebracht
Welch ein Frevel, daran rumzupfuschen, zu beschneiden
Zu verstümmeln! Statt sich dran zu erfreu'n, dran zu leiden
Und wenn Pillermann und Muschi nicht in den Masterplan passen
Glaubt ihr nicht, er hätt' sie schlicht und einfach weggelassen?
Glaubst du Mensch, armsel'ger Stümper, du überheblicher Wicht
Dass du daran rumschnippeln darfst?
Ich glaube nicht

Ich glaub' nicht, dass ihm der Höllenlärm etwas bedeutet
Wenn man in die göttliche Ruhe hinein die Glocken läutet
Ich bin sicher, dass er es als schlimme Lästerung betrachtet
Wenn man, um ihn zu bestechen kleine Lämmerchen abschlachtet
Und er muss sich sofort übergeben, denkt er nur ans Schächten
Oder an die schleim'gen Heuchler, an diese gottlosen Schlechten
Die scheinheilig die Kinderlein zu sich kommen lassen
Und ihnen in die Hose fassen

Ich glaub' nicht, dass er in euren pompösen Palästen thront
Ich glaub' eher, dass er beim geringsten meiner Brüder wohnt
Eher bei den Junkies, bei den Trebern im Park als in Rom
Eher in den Slums, den Schlachthöfen, den Ghettos als im Dom
Im Parterre bei Oma Krause, in der Aldi-Filiale
Eher auf dem Straßenstrich als in der Kathedrale
Wo Schiefköpfige, Händeknetende Schuldgefühle schüren
Eitel, selbstgerecht, als würden sie ihn an der Leine führen
Eher als in eurer düstren, modrig-lustfeindlichen Gruft
Sitzt er unter freiem Himmel in der lauen, klaren Luft
Neben mir auf der Bank vor der Gartenlaube
Bei einer Flasche Deidesheimer Herrgottsacker
Ja, ich glaube
Ja, ich glaube

I Don't Believe

Now and then I chastise myself, put myself on trial
And interrogate myself under torture, whether I believe or not
Just a little torture and I extort the proof
That firstly, I believe nothing, and secondly, I know nothing
I only believe that if he actually exists
He wouldn't want what goes on here in his name
Firstly, I believe the holy water font frogs disturb him
And the far too large houses that supposedly belong to him
Do you really think he's keen on lackeys and property?
Yes-men and real estate?
I don't believe it

I don't believe, if he really exists, that he exceedingly loves
That someone stubbornly pretends to be his representative
And considers himself infallible. I don't believe he likes it
That people attribute strange views to him as 'his will'
I'll bet my bottom dollar: Pomp and circumstance
Mummery and showing off get on his nerves
This ring-kissing, these smug pieties
This spreading of asininities and follies in his name
Do you think he wants anyone to speak in his place?
Some little light like that?
I don't believe it

I don't believe that in his wisdom, his eternal counsel
He devised something as absurd as celibacy
Because otherwise he would have come up with something else for the preservation of the species
And not attached such fabulous devices to us
What a sacrilege to tamper with it, to prune
To mutilate! Instead of enjoying it, to suffer from it
And if willy and pussy don't fit into the master plan
Don't you think he would have simply omitted them?
Do you believe, man, poor bungler, you arrogant wretch
That you can snip at it?
I don't believe it

I don't believe that the infernal noise means anything to him
When the bells are rung into the divine silence
I'm sure he considers it a terrible blasphemy
When little lambs are slaughtered to bribe him
And he must immediately vomit when he thinks of the slaughtering
Or of the slimy hypocrites, those godless wicked ones
Who hypocritically let the children come to them
And grab them in the pants

I don't believe he sits enthroned in your pompous palaces
I rather believe that he dwells with the least of my brothers
More likely with the junkies, with the bums in the park than in Rome
More likely in the slums, the slaughterhouses, the ghettos than in the cathedral
On the ground floor with Grandma Krause, in the Aldi branch
More likely on the street corner than in the cathedral
Where crooked-headed, hand-wringing people stir up guilt
Vain, self-righteous, as if they were leading him on a leash
Rather than in your gloomy, musty-misanthropic crypt
He sits under the open sky in the mild, clear air
Next to me on the bench in front of the garden shed
With a bottle of Deidesheimer Herrgottsacker
Yes, I believe
Yes, I believe